Dienstag, 20. März 2012

Marsimoto On Tour - Da baut sich was zusammen.

Der 16. März 2012 - Ganz Stuttgart ist in GRÜN gehüllt.


Marsimoto steht auf der Bühne des LKA. Seine Ankunft zelebriert er heroisch, mit einer fast schon hypnotisch anmutenden Version seines Albumopeners „Grüner Samt“. Seinen Zuhörern ist er damit von Beginn an grün. In den nächsten zwei Stunden wird er mehrmals tief in die Oldschool-Kiste greifen und unterlegt so unter Anderem seinen Untergrund-Klassiker „Chillen“ mit wabernden Cypress Hill-Beats oder besinnt sich mit einem entspannten Halloziehnation-Medley auf seine Künstlerwurzeln. Unterstützt wird er dabei von seinen Berliner Haus-DJs Nobody’s Face und Kid Simius. Letzterer gibt der Marsi-Performance seinen ganz persönlichen Feinschliff, während er die für Marsimoto maßgeschneiderten Dubstep-Beats geradezu ekstatisch abfeiert.
Im Vorfeld des Main Acts hatte der sympathisch behaarte Spanier bereits etliche Epilepsieanfälle beim smaragdgrünen Publikum verursacht. Einigen von Euch dürften „Die letzten 20 Sekunden“ aus den Marsi-Shows der vergangenen Jahre ein Begriff sein. Auch jenes emotionale Highlight geht auf das Konto des jungen Iberers.
Nach einer Dreiviertelstunde hat es sich kurz ausgezappelt. Jemand anderes, jemand grüneres, übernimmt von nun an das Programm-Zepter. Nicht minder energiegeladen als der Vorgänger startet Marsi der Zigeuner in die Show. Als die ersten Synthie-und-Roma-Beat-Gerüste die traditionsreichen Hallen des LKA beschallen, schnellen unzählige Smartphones in die Höhe.


Es ist das Resultat einer nicht aufzuhaltenden Konzert-Dokumentations-Evolution. Diese Trottel. Warum ein Konzert live genießen, wenn man es im Anschluss auch zu Hause auf seinem 4-Zoll-Display in herausragender Monoqualität anschauen kann. Das Schmunzeln über diese, mit Verlaub „deepe“ Erkenntnis, wird abgelöst von einem tiefen Seufzen, als wir selbst den Kamera-Button auf dem iPhone-Homescreen drücken.




Kid Simius’ kommt immer wieder zurück und wird Teil der Show. So auch im Crossover-Paradestück „Alice im WLAN-Land“ - eine post-moderne Bestätigung der Überwachungsstaats-Vision aus Orwells „1984“. Gänsehaut und zwei grüne Beck’s. Die Generation Flatrate/Porno/Praktikum feiert weiter.
Marten Laciny a.k.a. Marteria a.k.a. Marsimoto muss sich vor niemandem verstecken. Gerade weil ein Schmetterling nur eine Raupe mit Flügeln ist und er Trick 17 bereits 18 mal gespielt hat. Marsimoto spielt lange. Nach eigenen Angaben 32 Songs. Damit sich auch ja keiner auf dem Heimweg über sein Set auskotzt. Auch nicht die, welche sich auf die ruhigeren Nummern gefreut hatten. Als die ersten Takte von „Ich Tarzan, Du Jane“ erklingen, schnellen die Feuerzeuge in die Höhe. Man liegt sich in den Armen. Fukushima, Ozonloch, Spritpreise – jetzt ist alles egal. Die Besucher schwimmen ganz oben auf einer Euphoriewelle, die erst nach Beendigung des Konzerts langsam bricht.




Beim Verlassen des LKA blicken wir in unzählige Gesichter voller Freude, die Augen glänzend wie bei Bambi auf Heroin. Bereit noch mehr Menschen mit dem Marsi-Virus anzufixen.
Mal sehen, wie weit sich die Epidemie bis zu den frisch wiederbelebten Hip Hop Open in Stuttgart ausbreitet. Dann wird Rostocks bekanntester Rap-Barde wieder zum Mikrofon greifen.

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