Donnerstag, 15. November 2012

Johann Lafer meets Odd Future



"A friend from Arizona texted me a couple weeks ago and told me to listen to him on YouTube. And since then I've done that thing where you watch literally every YouTube video about a person, whether it be a song or just some dinky, terribly produced interview." 
Cord Jefferson, music critique


Albanien ist für viele eher ein unbeschriebenes Blatt. Ein weißer Punkt auf der Landkarte, irgendwo zwischen Kroatien und Griechenland. Für seine kulturellen Beiträge ist der kleine Balkanstaat ebenso wenig bekannt.
Und doch passt die altbewährte Floskel von den Ausnahmen, die die Regel bestätigen. SNL-Legende und Blues Brother John Belushi hatte hier seine Wurzeln, bevor Anfang der 80er seine Pumpe versagte - ein Resultat mehrerer Koka-Lines, so dick wie Cevapcici.

30 Jahre später greifen Arian Asllanis rosafarbene Wurstfinger zum Stift, um ihn mit einer einzigen Unterschrift $1.500.000 reicher zu machen. Es ist der 13. August 2012, Action Bronson hat einen Vertrag beim Warner Brothers Sublabel VICE Records unterzeichnet und greift als nächster US-Albaner nach den Sternen der amerikanischen Unterhaltungsindustrie.


"I got the voice to make the ladies moist /
and soon I'll have this Papi hopping out the hazy Royce"

Nur drei Jahre zuvor sah das Leben von Bronson noch alles andere als rosig aus. Der stark untersetzte Sohn einer Gastronomenfamilie aus Flushing, Queens war während seiner Tätigkeit in einem auf mediterrane Küche spezialisierten Restaurant ausgerutscht und hatte sich ordentlich die tätowierten Haxen verzwirbelt. Ans Bett eines New Yorker Krankenhauses gebunden, wagte er einen vollkommenen Neuanfang. Seine Freunde aus der Küche und dem Viertel hatten bereits semi-professionelle Erfahrungen mit dem Rap-Geschäft gesammelt und Action wollte es ihnen gleichtun. Die Basics hatte er sich jedoch nicht nur von seinen Kumpels abgeschaut, sondern schon als kleiner Junge Big Daddy Kane auf den Headphones gepumpt und brav die HipHop-Schule besucht. Das Feilen an der Raptechnik übte er nun bei der Physio oder während der unzähligen, dichten Sessions in einem der Home Studios seiner Kumpels.


"Yes, I'm living gnarly, the 40 ounce of barley /
open up cigars and fill them with a bunch of Marley"

Zu dieser Zeit hatte er lediglich durch die amüsante und kurzweilige Aufarbeitung seiner Kochkünste ("Action In The Kitchen") lokale Aufmerksamkeit erregt. Nur wenige Monate später klopfte bereits die GQ-Redaktion an seiner Tür , um ihn nach seinen New Yorker Lieblingsrestaurants zu fragen. Zu begründen war dies allerdings mit der Tatsache, dass aus seinem Traum vom zweiten Standbein als Musiker mittlerweile Realität geworden war.
Dass er innerhalb kürzester Zeit vom passionierten Vollzeit-Chefkoch und Hobby-Rapper zu einem der gefragtesten Underground-Größen heranwachsen würde, hätte wohl keiner gedacht, am wenigsten er selbst. Dabei ist "Bronsolino", wie ihn seine Fans oft titulieren, nur er selbst geblieben. Und wird dafür ebenso oft müde belächelt wie hemmungslos gefeiert. Zugegeben, es ist ein Anblick, an den man sich erst einmal gewöhnen muss. Action misst 1,70m und bringt dabei nach eignen Angaben stolze 140 Kilo auf die Waage. Sein feuerroter Bart und die ständig auf Halbmast hängenden Augenlider fallen dabei gar nicht mehr auf.

"Same person on camera or when the camera off /
hash straight from the desert, can knock a camel off"

Wenn er schließlich seinen Mund öffnet und die Wörter wie ein Wasserfall aus ihm heraussprudeln, verstummt auch der letzte Kritiker mit Hornbrille. Denn der erste Eindruck trügt wie so oft - wer Bronson als White Trash abzustempeln versucht, liegt vollkommen daneben. Aufmerksam hat der "beautiful rap singer" in den vergangenen 28 Jahren das Leben und seine Umwelt beobachtet und bringt nun alles zu Papier. So preisen ihn die Musikmedien für den nicht enden wollenden Schwall popkultureller Vergleiche in seinen Texten. Diese drehen sich einmal um die Olympischen Winterspiele von Nagano 1998, ein andermal um den Vegas-Magnaten Steve Wynn oder einen jüdischen Amateur-Wrestler aus den 80ern namens Barry Horrowitz. Dabei reiht Action Doppelreim an Doppelreim und verschlingt umstehende Rapper so mühelos als wären sie Balkan-Platten mit ordentlich Ajvar und Zwiebeln.
Actions Mikrokosmos dreht sich um Frauen, Drogen, Mode und - in allererster Linie - ums Fressen. Der Grund seines Erfolges liegt dennoch nicht darin, was er in seinen Texten erzählt, sondern vielmehr wie er es tut. Seine Gedanken sind anstößig, satirisch, und nicht selten vollkommen absurd. Action lebt in seiner eigenen Welt und gewährte seiner mit jedem Tag wachsenden Fangemeinde nun schon auf fünf Releases exklusiven Eintritt in das Innenleben des vielleicht besten Indie-Rappers seit Talib Kweli.


"It's '95, younger Bronson on the fast track /
to blast gat, now I'm looking past that /
I want a cash stack higher than the NASDAQ"

Mit seinen Reimen malt Action Bilder in den Köpfen seiner Hörerschaft wie es früher nur ein gewisser Christopher Wallace zu tun vermochte.
Vielleicht liegt es also an seinem Charisma, die augenscheinlichen Parallelen zu Biggie Smalls  - nur in weiß und mit kleinen, wässerig-blau schimmernden Augen. Vielleicht aber auch an seiner konsequenten Scheißegal-Haltung gegenüber allen Konventionen der Musikbranche, an der selbst ein hoch dotierter Majordeal in Zukunft nichts ändern dürfte. Warum sollte man auch Samples von Phil Collins oder Dean Martin verzichten? Warum bei Konzerten auf der Bühne bleiben? Warum keinen Festival-Freestyle vom Dixi-Klo aus kicken?

Mittlerweile herrschen bei Auftritten des bärtigen MCs Zustände, wie sie in jüngster Vergangenheit nur von der Posse um Tyler, Earl und Hodgy heraufbeschworen werden konnte. Auf gut deutsch, die Leute rasten völlig aus.

"I'm on the art and the food scene /
fuck rap, laying back, eating poutine"

Bronson, derzeit noch Support Act von Cypress Hill auf deren US-Tournee, wird im Dezember erneut seine europäische Anhängerschaft beehren und spielt im nunmehr dritten Anlauf endlich auch auf deutschem Boden. Die Blogomotive muss sich noch ein wenig länger gedulden und hat sich eines der letzten Tickets für den Januar-Gig in Sydney sichern können.

Seit heute steht Actions neuestes Mixtape Rare Chandliers als Free Download auf den Datpiff-Servern bereit. Auf 14 von The Alchemist produzierten Songs vereint er New York und Los Angeles zu einem gewohnt unterhaltsamen Feuerwerk aus Beats & Rhymes. 

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Auch nach gerade einmal zwei Jahren im Business kann Bronson auf ein enormes musikalisches Œuvre zurückblicken, so eindrucksvoll wie die Statur des Mannes, der dahinter steckt. Wer seinen Aufstieg bisher vollkommen verschlafen haben sollte, dem haben wir deshalb noch ein kleines Schmankerl vorbereitet. 


Für BRONSOLINI'S FINEST haben wir nur die saftigsten Rosinen aus Action Bronsons Rap-Kuchen gepickt und servieren Euch hiermit unser zweites (inoffizielles) Mixtape, noch offenwarm aus dem Blogomotiven-Depot.
18 Tracks zum hemmungslosen mitrappen, tanzen, feiern und trinken. Sichert Euch das Ding hier und gleich via Dropbox.

Einfach eine kurze Mail an reinickeblog@gmail.com und ihr seid mit von der Partie. So einfach ist das.

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